Autokauf von Privat, Gewährleistung _ OGH-Entscheidung

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat kürzlich in einer Entscheidung (4 Ob 96/24g) die rechtlichen Grenzen des Gewährleistungsausschlusses beim Gebrauchtwagenkauf zwischen Privatpersonen klar definiert. Im Zentrum stand die Frage, ob trotz eines vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschlusses eine schlüssige Zusicherung der Fahrbereitschaft des Fahrzeugs angenommen werden kann. Der OGH entschied zugunsten des Verkäufers und wies die Klage des Käufers auf Vertragsaufhebung zurück.

Hintergrund des Falls

Der Kläger erwarb 2019 von der Privatverkäuferin einen gebrauchten Peugeot 407 (Baujahr 2008) mit einem Kilometerstand von 95.500 km zu einem Kaufpreis von 9.100 EUR. Der Kaufvertrag enthielt einen umfassenden Gewährleistungsausschluss. Kurz nach dem Kauf kam es zu einem Motorschaden, und der Kläger machte die Rückabwicklung des Kaufvertrags geltend, da er die Fahrbereitschaft als schlüssig zugesichert ansah.

Kernaussagen des OGH

  1. Gewährleistungsausschluss im Privatverkauf zulässig

 Der OGH bestätigte, dass ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss im Privatverkauf zulässig ist (§ 929 ABGB). Ein solcher Ausschluss umfasst in der Regel auch verborgene Mängel und das Fehlen gewöhnlich vorausgesetzter Eigenschaften. Nur ausdrücklich oder schlüssig zugesicherte Eigenschaften können vom Gewährleistungsausschluss ausgenommen sein.

  1. Kilometerstand und Prüfplakette sind keine schlüssige Zusicherung der Fahrbereitschaft

Ein zentrales Argument des Klägers war, dass der Kilometerstand des Fahrzeugs unter der durchschnittlichen Gesamtlaufleistung für dieses Modell lag und das Fahrzeug noch eine gültige Prüfplakette hatte. Der OGH stellte jedoch klar, dass weder ein unterdurchschnittlicher Kilometerstand noch das Vorhandensein einer gültigen Prüfplakette automatisch eine schlüssige Zusicherung der Fahrbereitschaft darstellen.

  • Kilometerstand: Der OGH führte aus, dass der Kilometerstand lediglich eine Eigenschaft des Fahrzeugs ist, die der Verkäufer nicht beeinflussen konnte. Der Käufer durfte daraus keine Rückschlüsse auf die technische Verfassung des Fahrzeugs oder eine Garantie auf Fahrbereitschaft ableiten.
  • Prüfplakette: Ebenso stellte der OGH fest, dass das Vorhandensein einer gültigen § 57a-Prüfplakette (“Pickerl”) keine Garantie für die künftige Fahrbereitschaft des Fahrzeugs ist. Die Prüfplakette belegt lediglich den Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der letzten Überprüfung und enthält keine Zusicherung für die Zukunft. Eine schlüssige Zusicherung der Mängelfreiheit oder Fahrbereitschaft kann daraus nicht abgeleitet werden.
  1. Schlüssige Zusicherung der Fahrbereitschaft im Privatverkauf nur unter besonderen Umständen 

Der OGH betonte, dass bei Privatverkäufen die Fahrbereitschaft eines Gebrauchtwagens nicht automatisch als schlüssig zugesichert gilt. Eine solche Zusicherung setzt eindeutige Umstände voraus, die darauf hindeuten, dass der Verkäufer eine bestimmte Eigenschaft garantieren wollte. Im Gegensatz zu gewerblichen Verkäufen, bei denen die Fahrbereitschaft häufig schlüssig zugesichert wird, gelten bei Privatverkäufen strengere Anforderungen. In diesem Fall sprachen die Parteien nicht über den Zustand des Fahrzeugs, und die Durchführung einer Probefahrt reichte nicht aus, um eine schlüssige Zusicherung zu begründen.

  1. Keine Irrtumsanfechtung

Der OGH verneinte auch die Möglichkeit einer Irrtumsanfechtung gemäß § 871 ABGB. Ein relevanter Irrtum setzt voraus, dass der Verkäufer den Irrtum veranlasst hat oder dieser offensichtlich war. Da weder der Kilometerstand noch die Prüfplakette für den Käufer eine objektive Zusicherung der Fahrbereitschaft darstellten, lag kein relevanter Irrtum vor. Zudem hatte der Kläger durch die Probefahrt Gelegenheit, den Zustand des Fahrzeugs selbst zu prüfen.

Fazit

Die OGH-Entscheidung verdeutlicht, dass beim Gebrauchtwagenkauf zwischen Privatpersonen ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss grundsätzlich wirksam ist und auch verborgene Mängel umfasst. Ein niedriger Kilometerstand oder eine gültige Prüfplakette stellen dabei keine schlüssige Zusicherung der Fahrbereitschaft dar. Käufer sollten Gebrauchtfahrzeuge gründlich prüfen, da ein Gewährleistungsausschluss rechtlich weitreichend gilt. Verkäufer sind gut beraten, klare Grenzen bezüglich Zusicherungen zu setzen, um spätere Ansprüche zu vermeiden.