
Gesetze/27. November 2024 Von Norbert Loitzl
Das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG), das am 19. Juli 2023 im Bundesgesetzblatt BGBL. I Nr. 76/2023 verlautbart wurde und am 28.5.2025 in Kraft treten wird, soll dazu beitragen, den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Das Gesetz setzt die Anforderungen der EU-Richtlinie 2019/882 um und definiert klare Vorgaben, wie Barrierefreiheit in den verschiedenen Bereichen digitaler Produkte und Dienstleistungen sichergestellt werden soll. In diesem Beitrag beleuchten wir die wichtigsten Aspekte des Gesetzes und dessen Auswirkungen auf Unternehmen und Verbraucher.
Ziel des Gesetzes
Das Barrierefreiheitsgesetz hat das Ziel, den barrierefreien Zugang zu Produkten und Dienstleistungen in Österreich zu garantieren. Hierbei geht es nicht nur um den physischen Zugang, sondern speziell um die digitale Barrierefreiheit. Produkte und Dienstleistungen sollen so gestaltet werden, dass sie für alle Menschen, unabhängig von eventuellen Einschränkungen, zugänglich sind.
Geltungsbereich
Das Gesetz findet auf eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen Anwendung. Dazu gehören unter anderem:
- Technische Geräte wie Computer, Tablets und Smartphones
- Bankdienstleistungen wie Geldautomaten und Online-Banking
- E-Commerce-Dienste und Websites (z.B. Online-Shops)
- Verkehrsdienstleistungen
- Elektronische Kommunikation
Das Ziel ist es, sowohl die physische Umgebung als auch digitale Schnittstellen zugänglich zu gestalten.
Verpflichtende Barrierefreiheitsanforderungen
Unternehmen, die diese Produkte oder Dienstleistungen anbieten, sind verpflichtet, bestimmte Barrierefreiheitsstandards zu erfüllen. Diese Standards decken verschiedene Aspekte ab, wie z.B. die Benutzerfreundlichkeit für Menschen mit Behinderungen, klare und verständliche Kommunikation, sowie den Zugang zu essenziellen Funktionen ohne unnötige Hindernisse. Produkte und Dienstleistungen müssen so gestaltet sein, dass sie den barrierefreien Zugang für alle ermöglichen.
Pflichten der Wirtschaftsakteure
Das Gesetz legt spezifische Pflichten für verschiedene Wirtschaftsakteure fest. Diese umfassen:
- Hersteller: Sie müssen sicherstellen, dass ihre Produkte die gesetzlichen Anforderungen an Barrierefreiheit erfüllen.
- Bevollmächtigte und Importeure: Sie tragen eine ähnliche Verantwortung wie die Hersteller und müssen darauf achten, dass die eingeführten Produkte konform mit den Anforderungen sind.
- Händler: Sie dürfen keine Produkte verkaufen, die die Barrierefreiheitsanforderungen nicht erfüllen.
Beispiel: Barrierefreie Websites
Für Betreiber von Websites bedeutet dies, dass ihre Seiten für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein müssen. Dazu gehören unter anderem:
- Textalternativen für Bilder: Menschen mit Sehbehinderungen nutzen häufig Screenreader, die Texte vorlesen. Bilder sollten daher mit Alternativtexten versehen sein, damit der Inhalt auch ohne visuelle Darstellung erfasst werden kann.
- Bedienbarkeit per Tastatur: Viele Menschen mit körperlichen Einschränkungen können eine Maus nicht bedienen und sind auf die Tastatur angewiesen. Alle Funktionen der Website sollten daher auch per Tastatur erreichbar sein.
- Untertitel für Videos: Für gehörlose oder schwerhörige Menschen sollten Videos mit Untertiteln versehen werden, damit auch sie den Inhalt verstehen können.
Beispiel: Barrierefreie Bankdienstleistungen
Für Banken bedeutet das, dass sie sicherstellen müssen, dass alle angebotenen Dienstleistungen – von der Nutzung von Bankautomaten bis zum Online-Banking – auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. Dies könnte beispielsweise durch eine sprachbasierte Nutzerführung bei Bankautomaten oder durch einfache und klare Strukturierungen im Online-Banking-Bereich erreicht werden.
Ausnahmen für Kleinstunternehmen
Für Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter und ein Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro) sieht das Gesetz in bestimmten Fällen Ausnahmen vor, um unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden. Diese Unternehmen können bei begründeten Härtefällen von den strengen Anforderungen befreit werden, sofern die Anpassung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde.
Marktüberwachung und Sanktionen
Zur Einhaltung des Gesetzes wird seitens des Sozialministeriums eine strenge Marktüberwachung durchgeführt werden um sicher zu stellen, dass alle Produkte und Dienstleistungen den Anforderungen entsprechen. Bei Verstößen drohen Sanktionen, die von Verwarnungen bis zu Bußgeldern reichen können.
EU-Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Barrierefreiheitsgesetzes ist die EU-Konformitätserklärung. Hersteller müssen eine solche Erklärung abgeben, um zu bestätigen, dass ihre Produkte den Anforderungen der EU-Richtlinie entsprechen. Außerdem müssen betroffene Produkte mit der CE-Kennzeichnung versehen werden, um ihre Konformität mit den geltenden Sicherheits- und Barrierefreiheitsstandards zu bestätigen.
Fazit: Was das BaFG für Unternehmen bedeutet
Das Barrierefreiheitsgesetz stellt eine wichtige Entwicklung in Richtung einer inklusiven Gesellschaft dar. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Produkte und Dienstleistungen anpassen müssen, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Dies bietet nicht nur Menschen mit Behinderungen einen besseren Zugang, sondern eröffnet Unternehmen auch neue Chancen auf dem Markt, indem sie ein breiteres Publikum ansprechen können.
Für Unternehmen ist es wichtig, sich frühzeitig auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, da Verstöße gegen das Gesetz mit empfindlichen Strafen geahndet werden können. Es empfiehlt sich, rechtzeitig juristische Beratung einzuholen, um mögliche Risiken zu vermeiden und die Vorteile einer barrierefreien Gestaltung auszuschöpfen.
Dieser Blogbeitrag zeigt die wichtigsten Inhalte des Barrierefreiheitsgesetzes auf und verdeutlicht die Pflichten, die damit für Unternehmen verbunden sind. Gerne beraten wir Sie in unserer Kanzlei ausführlich über die Auswirkungen dieses Gesetzes auf Ihr Unternehmen und unterstützen Sie bei der rechtssicheren Umsetzung der Vorgaben.
